Und wo sind die Indianer?
Doro in Nordamerika

Gisela Esser in der Stuttgarter Zeitung, 26.9.2002

Im dritten Band ist die inzwischen 13-jährige Doro mit ihrem Vater unterwegs durch Nordamerika und Kanada. Welch ein Unterschied zu ihrer Afrika- und Indienreise: Schon der Empfang auf dem J.F. Kennedy Airport in New York wirkt ernüchternd. Alles ist grau in grau, die Gesichter sind muffig und die Einreise knallhart. Und so soll das umwerfende, flitzende New York aus Film und Werbung sein? Natürlich kommt Doro doch noch auf ihre Kosten. Sie erlebt die faszinierende Skyline von Manhattan, bewundert die atemberaubenden Wolkenkratzer und verbringt sogar einen Abend in einem Nachtklub. Aber Glanz und Glamour täuschen Doro nicht über die Schattenseiten hinweg.

Marie-Thérèse Schins, die für ihre Reiseabenteuer mindestens ein halbes Jahr im Land selbst recherchiert, lässt ihre Abenteuerin weit hinter die Kulissen schauen. Amerika ist ein Land der krassen Gegensätze und ein Land voller Widersprüche. Als aufmerksame Beobachterin beschäftigt sich Doro mit der Problematik der illegalen Einwanderer, der Rassendiskriminierung, dem unvorstellbaren Reichtum sowie der unvorstellbaren Armut, der ungesunden Ernährung mit dem damit verbundenen Übergewicht vieler Menschen und mit Waffengesetzen, die Kindern den Gebrauch von Schusswaffen erlauben.

Doro taucht auch in die Geschichte des Landes ein, die sie unwillkürlich auf die Spur der Indianer führt. Ein Besuch in einem Indianerreservat in der kalifornischen Wüste beschert ihr tiefe Einblicke in ein beinahe ausgerottetes Kulturvolk. Was wäre ein Reisebericht ohne atemberaubende Landschaftsbeschreibungen und unvergessliche Naturereignisse? Marie-Thérèse Schins lässt wunderbare Bilder vor unseren Augen entstehen, die die jungen Leser begeistern werden.

Gabriele Grunt, Deutscher Verband Evangelischer Büchereien

"Zweimal schon bin ich mit meinem Vater weit gereist, erst nach Afrika, fast bis zum Äquator, und ein Jahr später nach Indien." Nun begibt sich die mittlerweile dreizehnjährige Doro auf ihre dritte Fernreise, diesmal in die USA.

Schins' außergewöhnliches Konzept, positive wie negative Eindrücke einer fremden Umgebung aus einer ganz spezifischen, subjektiven Sicht zu schildern, hat sich bereits zweimal ausgezeichnet bewährt. Vielleicht ist es aber auch ihre selbstbewusste Mädchenfigur, mittels derer sie die Spannung auch in der dritten Fortsetzung ungebrochen aufrechterhalten kann. Doro bleibt nicht bloße Handlungsträgerin, sondern entwickelt ihre Persönlichkeit, ihre INteressen und ihre Beziehung zu ihrem allein erziehenden Vater stehts weiter.

Was sie behält, ist ihre unvoreingenommene Art, dem Unbekannten gegenüberzutreten, sich darauf einzulassen oder ihr Unbehagen und ihre Irritation darüber auszudrücken. Dass sie dabei in ihren Beobachtungen und Wertungen keinen Unterschied zwischen so genannten 'Entwicklungsländern' und dem Prototyp aller westlichen Industrienationen macht, sei hier als ganz besondere Qualität eben dieses dritten Bandes hervorgehoben, der alle vorausgegangenen Kritiken an Doros angeblicher westlich-kolonialistischer Überheblichkeit Lügen straft.

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